Alte Katzen – vergessliche Königinnen und taube Helden

Es gibt ein wunderbares neues Buch: Alte Katzen – vergessliche Königinnen und taube Helden. Von Meike Birck. Es ist ein Fotobuch mit Portraits alter Katzen. Wunderschöne Fotos, die das Wesen und die Würde dieser Tiere wunderbar einfangen. Und sehr schöne Texte über die Katzen und ihre Menschen. http://www.alte-katzen-das-buch.de/

Ich mag dieses Buch sehr und ich habe mir gedacht, ich mach mal einen Beitrag nur über unsere Oldies. Und einen zweiten dann über das Sterben und das Leben und die Liebe. Und wie ich versuche, damit zurecht zu kommen.
Fangen wir beim ersten alten Kater an, der zu uns kam, das war Bismarck. Wir waren in der Tierklinik, es wurden zwei Katzen kastriert. Wir hörten in der Station eine Katze schreien, ziemlich laut. Wer schreit denn da, fragten wir die Helferin. Eine Fundkatze, soll eingeschläfert werden, Nierenversagen. Ob wir mal gucken wollten. Ich hab geguckt und da war ein dünner Kater, der noch nicht danach aussah, als ob er schon fertig mit diesem Leben wäre. Nachdem die Diagnose Nierenversagen gar nicht gesichert war, haben wir ihm erst mal Blut nehmen lassen. Die Nieren waren gut, er hatte FIV, das war alles. Und er hatte keinen einzigen Zahn mehr im Maul. Wir haben ihn mitgenommen. Leider hat sich trotz Anzeigen und Aushängen nie ein Besitzer gemeldet. Also blieb Bismarck eben bei uns. Er war stocktaub, das war sein Glück. Sonst hätte er nicht so laut geschrien und wir ihn nicht gehört. Bismarck hatte noch über ein glückliches Jahr bei uns, er ist dann an Herzversagen, man könnte auch Altersschwäche sagen, gestorben (1).

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Die nächsten Oldies waren dann Barbarossa und Bea, die schon eine lange Odysee hinter sich hatten. Barbarossa wurde von einer Tierheilpraktikerin mit Silberwasser „behandelt“ bis er abgemagert war bis auf die Knochen. Er hatte Durchfall, hat ständig gebrochen. Bea war schwanzlos und leicht undicht. Auch sie in keinem guten Zustand. Barbarossa hat nach der Entfernung alle der schlechten Zähne und Unterstützung der Nieren wieder gut zugenommen und war ein Prachtkerl. Er hatte auch noch fast ein Jahr und ist dann an Nierenversagen gestorben. Er war der erste Perserkater, der zu uns kam und er war so ein Schatz. Bea hatte monatelang große Probleme mit Gingivitis. Wir haben ihr dann noch die beiden letzten Zähne ziehen lassen müssen. Das war dann zu viel für sie und sie hat die Narkose nicht überlebt. Aber so lassen ging auch nicht. Aber sie hatte noch 1,5 gute Jahre bei uns.

am Tag seiner Ankunft

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Anschliessend kamen Felix und Lady zu uns. Beide 18 Jahre alt. Abgeschoben ins Tierheim, nachdem die Kinder die Katzen nicht versorgen wollten (das restliche Erbe hat man aber gerne angetreten). Dort haben sie sehr gelitten, nicht mehr gefressen. Also kamen sie zu uns. Felix hat sich am Anfang schwer getan, er hat jede andere Katze erst mal verhauen. Zumindest versucht. Denn eigentlich konnte ihn keiner so richtig ernst nehmen. Aber irgendwann war auch gut und er hat bis zum Schluss seine täglichen Spaziergänge unternommen. Er braucht einfach Gras unter den Pfoten um glücklich zu sein. Als es dann aufs Ende zuging, hat er die Fürsorge sehr genossen. Er konnte dann schon kaum mehr laufen. Wir haben das Katzenzimmer umgebaut, das Bett raus, Matratze auf den Boden. So konnten er weiter bei uns im Bett schlafen. Zweimal war die Tierärztin da und dann meinte sie auch, er sei jetzt soweit und er ist ganz sanft in meinen Armen eingeschlafen. Er hat noch fast ein Jahr bei uns gelebt. Seine Gefährtin Lady, die nichts mehr von dem alten Grattler wissen wollte seit sie bei uns war, hat noch fünf Monate länger gelebt. Sie lag eines morgens tot im Bad. Lady war eine unauffällige und bescheidene Katze, aber sie war schon ziemlich dement. Sie hat oft nachts geschrien und hat auch ihr Katzenklo nicht mehr benutzt. Aber sie stand bis fast zum Schluss mit allen vier Pfoten im Leben, eine echte Lady eben.

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Anschliessend kam Zippy zu uns, auch aus dem Tierheim. Leider hatte sie nur noch knapp 14 Tage, dann ist sie gestorben. Sie war auch ein Perserchen, eine ganz tolle alte Dame.

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Nach Zippy kam Babette, auch aus dem Tierheim. Blind, fast taub, mit Herzproblemen aber noch lebenslustig. Auch schon 19 Jahre alt. Ehemalige Freigängerin, die im Tierheim vollkommen unterging. Ihre Betreuung war sehr aufwändig, weil sie sich schlecht orientieren konnte. Also blieb sie im Gästezimmer und ich hab bei ihr geschlafen. Wann immer Zeit und das Wetter gut war, sind wir zusammen in den Garten. Dort kam sie prima zurecht. Sie hat es geliebt im Gras zu liegen und die Sonne auf dem Fell zu spüren. Und wenn ich in der Nähe war, war alles gut. Sie hat den letzten Sommer so genossen und als dieser vorbei war, hat sie abgebaut. Sie ist an Nierenversagen gestorben, das Herz hat auch nicht mehr mitgemacht. Sie ist schnurrend auf meinem Schoss eingeschlafen.

2015-08-Babette - 1   2015-06-06-babette - 1 (1)

Im gleichen Jahr ist Mimi eingezogen. Schon zahnlos, schon alt. Aber sie hatte noch Katzenkinder. Eine liebe Tierfreundin hat sie eingefangen und die Babys groß gezogen und vermittelt. Da Mimi immer draussen gelebt hat, wurde in Platz gesucht, an dem sie gefahrlos raus konnte und dennoch behütet war. Denn Mimi war auch noch blind. Wir haben ihre Augen noch operieren lassen und danach hat sie ein bisschen gesehen. Das war natürlich wunderbar. Leider ist Mimi nach einem halben Jahr an FIP erkrankt. Es könnte auch „nur“ akutes Leberversagen gewesen sein, die Diagnose war nicht eindeutig. Wir haben noch vieles versucht, aber wir mussten die Waffen strecken und sie erlösen. Sie war nicht nur eine wunderschöne Katze, sondern eine ganz liebe, die in ihrem Leben nicht viel Gutes erlebt hat. Kein Zuhause, keine Wärme, unregelmässig Futter, ständig Katzenbabys, die nie überlebt haben (außer ihre letzten). Wir waren sehr traurig, dass ihr nicht mehr Zeit gegönnt war, den schönen Kamin zu geniessen, denn das war ihr Lieblingsplatz.

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Als Babette gestorben war, hat mich das Tierheim gefragt, ob ich eine andere alte Dame aufnehmen könnte. Schon 19 Jahre alt, auch Abgabetier. Immer Wohnungseinzelkatze gewesen. Ich habe erst gesagt, ich brauch mal eine Pause. Aber dann hab ich sie doch geholt, die alte Sammy-Senior. Sie war im Tierheim sehr durcheinander und nicht mehr sie selbst, es war ganz schlimm für sie. Es hat eine Weile gedauert, bis wir Freundschaft geschlossen haben. Aber ich war halt einfach immer da und irgendwann lag sie dann bei mir im Bett. Sammy ist keine Schmusekatze, aber eine sehr kluge Katzendame. Man ist geehrt, wenn sie einem Aufmerksamkeit schenkt. Sie wollte nie aus dem Gästezimmer raus und hat sich vor dem großen Haus und den anderen Katzen gefürchtet. Aber irgendwann wollte sie doch in den Garten, es war einfach zu verlockend. Und Schritt für Schritt hat sie sich vorgewagt. Und wer wagt, gewinnt. Nun lebt sie ganz entspannt mit den anderen zusammen, geht raus wann immer sie Lust hat. Und geniesst ihr Leben. Als sie kam, hat sie literweise getrunken und ich dachte, oh, das geht eh nicht lange gut, die Nieren. Aber Pustekuchen, alles wieder gut. Sie hatte dann noch einen schlimmen Infekt, auch da dachten wir, das wars dann. Aber auch den hat sie weggesteckt. Also, Sammy-Senior, weiter so!

sammy-senior

Peter (20) und Blacky (12) sind neu bei uns, auch Abgabetiere. Sie hatten kein gepflegtes Zuhause und waren nie beim Tierarzt. Aber dennoch war es für die beiden Kater ganz schlimm, ihr Zuhause zu verlieren. Da die Abgabegebühr fürs Tierheim nicht aufgebracht werden konnte, kam die Katzenhilfe Würzburg ins Spiel und hat sofort gehandelt. Denn die Kater waren eine Woche lang komplett unversorgt in der Wohnung als das Frauchen ins Krankenhaus kam, danach hat ein Bekannte die Katzen jeden zweiten Tag versorgt. Peter bleibt bei uns, für Blacky suchen wir ein Zuhause. Peter ist mit seinen 20 Jahren schon ziemlich klapprig. Er hat CNI, aber die Werte sind noch nicht schlimm. Er hat schlechte Zähne und stinkt ziemlich. Aber das ist jetzt erst mal zweitrangig. Wichtig ist jetzt, dass er sich sicher und umsorgt fühlt. Er versteht nicht, warum er jetzt hier ist. Und ich verstehe nicht, warum sein Frauchen ihn nicht wieder nehmen möchte, wenn sie aus dem Krankenhaus daheim ist. Aber so ist es eben manchmal. Aber Peter hat noch guten Appetit und ist auch sonst noch gut unterwegs.

2016-06-24 Peter - 1 (3)

(1) Ich schreibe immer gestorben, auch wenn alle Katzen bis auf Lady eingeschläfert wurden. Ich tue mir jedes Mal schwer zu sagen, nun ist es Zeit. Aber ich habe eine gute Formel gefunden. Wenn eine zentrale Lebensfunktion beginnt, unwiderruflich nachzulassen oder die Katze unstillbare Schmerzen leidet. Ich habe das große Glück, eine wunderbare Tierärztin, Frau Dr. Elke Schulz aus Bad Königshofen, an der Seite zu haben, die den alten Tieren hilft, sich ohne Angst und Schmerzen auf die Reise zu machen. Und die immer auf der Seite des Lebens steht. So können wir meistens den Sterbeprozess bewusst gestalten wofür ich sehr dankbar bin.